Gut gegessen ist halb gewandert!

Die richtige & gesunde Ernährung beim Wandern bringt Dich nach vorn

Was ist wichtig bei der Ernährung vor und während einer mehrtägigen Wanderung?

Das typische Bergsteigeressen ist reichhaltig und üppig. Nicht selten kommt in den Berghütten der Schweinebraten, das Schnitzel mit Pommes oder der Kaiserschmarrn auf den Teller. Auch Vegetarier können mittlerweile auf den Berghütten aus einer Vielzahl an üppigen Gerichten auswählen. Wer den ganzen Tag in der frischen Luft unterwegs war, ist hungrig und hat sich eine ordentliche Mahlzeit mehr als verdient. Aber muss es wirklich das dreigängige Menü mit Nachschlag sein? Wie ernähre ich mich während einer mehrtägigen Tour gesund und so, dass ich meinen Organismus nicht zusätzlich belaste? Was muss ich auf Wandertouren beachten, wenn ich Nahrungsunverträglichkeiten habe?

Fragen, die wir der Ernährungswissenschaftlerin und Apothekerin Frau Mag. pharm. Mag. rer. nat. Lilly Jocham gestellt haben.

 

Ernährungswissenschaftlerin und Apothekerin Frau Mag. pharm. Mag. rer. nat. Lilly Jocham im Interview

Wie sieht die ideale Ernährung für den Wanderer aus?

Eigentlich unterscheidet sie sich nicht von den Empfehlungen zur vollwertigen Ernährung. Durch mehr Hunger isst man mehr und nimmt automatisch auch mehr Vitamine und Mineralstoffe zu sich. Natürlich nur, wenn man nährstoffreiche Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Gemüse, Obst, Linsen, Nüsse, Milchprodukte usw. isst.

Was ist in der Vorbereitung für eine mehrtägige Tour zu beachten?

Wenn man sich im Alltag ausgewogen ernährt, eigentlich nichts. Wenn man jedoch beispielsweise schon vor der Tour nächtliche Muskelkrämpfe hat, sollten schon vorher mehr Vollkornprodukte, frisches Gemüse, Nüsse, Hülsenfrüchte gegessen oder alternativ Magnesium substituiert werden. Wichtig ist hier auch, ausreichend zu trinken.

Welche Art der Energiezufuhr ist während der Tour zu bevorzugen?

Ein gutes Frühstück ist auf jeden Fall ein guter Start in die Tour. Gerade ein Haferflockenmüsli mit frischem Obst und Joghurt hält lange an und enthält viele Nährstoffe. Gezuckerte Pops sollte man möglichst vermeiden. Wer keine Milch mag oder verträgt, kann hier Milchprodukte durch Wasser oder Getreide-Drinks ersetzen. Zwischendurch sind Nüsse, Trockenfrüchte, aber auch Vollkornbrote, frisches Obst und Gemüse gute Energielieferanten. Schokolade und Süßigkeiten sollten nur in Maßen verzehrt werden. Eine solche Wochentour kann auch eine Chance sein, seinen Körper und dessen Durst- und Hungerzeichen bewusst wahrzunehmen und wieder kennenzulernen. Dies hat auf Dauer mehr Effekt als bloßes Kalorienzählen.

Gesunde Nahrung beim Wandern: Gut gegessen ist halb gewandert!

Worauf soll man bei der Verköstigung auf den Hütten achten? Wie kann ich vermeiden, dass ich am Ende einer mehrtägigen Wanderung nicht nur tolle Erinnerungen mitnehme, sondern auch ein paar Pfunde mehr auf den Hüften?

Traditionell gibt es auf den Hütten sehr reichhaltige und energiereiche Speisen. Oft erwartet der Wanderer auch große Portionen. Meist sitzt man sitzt bereits ab dem Nachmittag an der Hütte auf der Terrasse und konsumiert dann gleich Kaffee und Kuchen oder ein kühles Bier. Gerade alkoholische Getränke enthalten sehr viel Energie. Hier gilt es maßvoll und bewusst zu genießen.

Auf welche Nahrungsmittel sollte ich bei einer Tour verzichten?

Von allen Nahrungsmitteln, die in der Lebensmittelpyramide an der Spitze stehen, beispielsweise von Limonaden, Chips oder Pommes, ist abzuraten. Diese Lebensmittel bringen keine Vitamine und Mineralstoffe mit sich und sind meist auch aufwendig verpackt.

Was ist vom Gipfelschnaps, dem Hüttenbier oder dem Gläschen Rotwein abends auf der Hütte zu halten?

Wenn man die sportliche Seite betrachtet, ist Alkohol nicht zu empfehlen. Aber so ein Bier nach einer Wanderung ist für manchen sicher ein Ansporn. Falls man aber viel geschwitzt hat, sollte man den Durst nicht mit Bier stillen. Gerade Alkohol führt ja wieder dazu, dass man viel Wasser und Elektrolyte verliert.

Für untertags nehmen viele Wanderer herkömmliche Energieriegel mit. Wie nahrhaft und sinnvoll ist das? Oder sind das eher Dickmacher? Ist eine herkömmliche Brotzeit besser?

So ein Müsliriegel kann im Notfall schon mal helfen. Abhängig vom Riegel kann er aber schon bis zu einem Drittel aus Zucker bestehen. Zucker bringt zwar schnell Energie. Dieser Effekt hält aber leider nicht lange an. Eine Brotzeit mit Vollkornbrot und Käse und dazu ein Apfel macht deutlich länger satt und verhindert auch, dass man später Heißhunger bekommt.  

Empfehlung für Essen beim Wandern - Tipps von Ernährungsexperten

Welche Empfehlung gibt es bei Laktose- und Glutenunverträglichkeit? Kann ich während einer einwöchigen Wanderung auf das laktosefreie Milchpulver, das ich ja selber tragen muss, verzichten? Muss ich mit Mangelerscheinungen rechnen?

Hier gibt es ja individuelle Unterschiede, wieviel vertragen wird. Bei Laktoseintoleranz wird oft Parmesan und Bergkäse sehr gut vertragen, da diese kaum Laktose enthalten. Man kann auch beim Hüttenwirt nachfragen, ob man das Müsli alternativ nur mit Wasser statt mit Milch zubereitet haben kann. Milchpulver mitzutragen ist eigentlich nicht nötig. Hochwertiges Eiweiß liefern auch Linsen- und Kartoffelgerichte. Calcium kann durch calciumhaltige Mineralwässer oder aber auch durch Sportlergetränke zugeführt werden. Bei Glutenunverträglichkeiten ist es sicher schwieriger. Gerade für die Brotzeiten werden ja klassischerweise herkömmliche Weizen- oder Roggenmischbrote angeboten. Da lohnt es sich schon eine Alternative für sich mitzutragen. Wenn man unter Zöliakie leidet, sollte man auf jeden Fall vorher mit den Wirten Kontakt aufnehmen.

Wie viel Flüssigkeit muss man während einer Tour zu sich nehmen? Und welche Art von Flüssigkeit? Wasser pur oder sind Zusätze ratsam?

Es gilt der Leitsatz: Höre auf deinen Durst. Wieviel Wasser man braucht, hängt von vielen Faktoren ab, wie Temperatur, Höhe, Wasserverlust durch Schwitzen. Wichtig sind vor allem Wasser und Natrium. Man kann also beruhigt Leitungswasser trinken, wenn man auch regelmäßig etwas dazu isst. Die Mahlzeiten enthalten ja dann Kohlenhydrate, Kochsalz und andere Mineralstoffe. Zum Frühstück sollte man etwa einen halben Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Auch bei Ankunft bei der Hütte ist Flüssigkeit wichtig. Wenn’s mal sehr heiß war, tut eine Bouillon oder eine “dünne” Saftschorle mit natriumreichem Mineralwasser sehr gut.  Limonaden sind meist sehr zuckerhaltig und gleichzeitig natriumarm und deshalb nicht geeignet.